2011 passierte in der großen ZDF-Samstagabend-Show “Wetten, dass…?” ein tragischer Unfall. Ein Wettkandidat, der spektakulär mit Springschuhen über Autos hüpfen wollte, verunglückte bereits zu Beginn der Sendung schwer. Der damalige Moderator Thomas Gottschalk unterbrach die Sendung und meldete sich nach einigen Minuten Sendepause wieder. An dieser Stelle verkündete er nicht nur das vorzeitige Ende dieser Sendung, sondern kündigte auch seinen eigenen Ausstieg aus der Sendung an. Meine Oma und ich (ich schaue ja daheim kein TV mehr und ging bisher zu “Wetten, dass…?” immer zu ihr) waren geschockt. Thomas Gottschalk leistete seinen Dienst dann noch bis Ende 2011 ab und verschwand dann, ohne dass ein Nachfolger gefunden worden war. Im Oktober 2012 ging dann Markus Lanz als neuer Moderator auf Sendung.
Begeistert war ich von Markus Lanz als neuem Moderator nicht, darum dauerte es auch bis vergangenen Samstag, bis ich ihn zum ersten Mal zu Gesicht bekam. Meine Oma sagte mir bereits, dass sich einiges geändert hatte und dass es nicht mehr so schön wäre, wie wir es gewohnt waren. Und tatsächlich, das Konzept wurde ordentlich durcheinandergewirbelt. Zunächst einmal wurden alle Wettkandidaten mit ihren Wettpaten bereits zu Sendungsbeginn in das Studio geführt. Die neue Deko ist übrigens so ziemlich das Hässlichste, was ich seit Jahren im deutschen TV gesehen habe. Das Sofa, auf dem die prominenten Wettpaten sitzen, ist so positioniert, dass das Publikum sie nur von hinten sehen kann.
Als schlimmstes optisches Fauxpas muss man allerdings Cindy aus Marzahn nennen. Oma meinte, Michelle Hunziker wurde aus der Sendung ausgeladen, weil man sie und Lanz nicht wie Barbie und Ken wirken lassen wollte. Hunziker ist eine sehr attraktive Frau, die optisch viel hermacht. Sie ist allerdings auch eine sehr fähige Moderatorin und konnte gut mit Gästen und Wettkandidaten umgehen. Cindy fehlen alle diese Qualitäten. Die Kombination aus Lanz und Wannabe-Plattenbau-Prinzessin (Cindy ist nur eine Figur und keine echte Person) wirkt unbeholfen und nervig. Im Prinzip ist sie sowas wie das Lustige Glückshäschen aus dem Hape Kerkeling Film “Kein Pardon” (den Film bitte JETZT bestellen und angucken). Lanz selbst geht mit allen seinen Gästen so um, wie er es auch in seiner eigenen Sendung tut. Der Part zwischen den Wetten ist also eher eine Talkshow, in der die Prominenten jetzt auch mehr nach ihren privaten Erfahrungen als nach ihren aktuellsten Projekten gefragt werden. Auch sitzen durchweg deutsche Schauspieler, Sportler und sonstige Promis auf der Couch. Der Schwerpunkt liegt jetzt auf den sehr ausgedehnten Talkrunden, in die zumindest immer die ganze Couch einbezogen wird. Später am Abend kam kurzeitig nach seinem tollen Auftritt dann Justin Timberlake dazu, der Lanz kurzerhand die Sendung aus der Hand nahm.
Lanz selbst präsentiert sich oft als Pausenclown. Einer der Prominenten (Skiläufer Heinrich Meier) sprang dann bei der Turnwette sehr spektakulär über das Brett auf die Matte. Lanz, der bis zu diesem Zeitpunkt als einziger noch nicht gesprungen war, ließ es sich dies nicht nehmen und machte sich dabei komplett zum Obst. Er hätte Heinrich Meier diesen Moment einfach lassen und die Situation durch seine eigene Tollpatschigkeit nicht auch noch ins Lächerliche ziehen sollen. In der Mitte der Show pickte Cindy dann eine Dame aus dem Publikum heraus, die dann im Zweikampf gegen Lanz mit aufgeblasenen Luftballons Tischtennisbälle in Löcher bugsieren sollte. Dieses kleine Element war eine klare Kopie des Pro7 Show-Formats “Schlag den Raab”. Immer wieder gab es technische Probleme. Oft flackerte das Licht, einmal fiel es sogar für ein paar Sekunden komplett aus. Zu Beginn hörte man plötzlich lauten Motorenlärm, der wohl versehentlich von der Kart-Wette auf den Kanal ging.
Insgesamt war die Show auch kleiner als früher. Die Stadtwette fand direkt an der Halle in Friedrichshafen statt. Unter Gottschalk wurden mit Stadtwetten oft ganze Stadtzentren, Marktplätze oder Stadien gefüllt, in dem man hunderte Menschen versammelte. Am Samstag benötigte man lächerliche 100 Männer, die sich als Frauen anziehen sollten. Die Wetten selbst hörten sich spektakulär an, wurden aber nicht passend präsentiert. Die Außenwette (einer schießt aus dem fahrenden Bus einen Fußball gegen eine Wand und ein anderer fängt diesen Ball dann von der hinteren Bustür auf) war weder spannend eingeleitet, noch präsentiert. Der Bus fuhr stur im Kreis und ein Fußball-Kommentator untermalte das Ganze wie eine Bundesliga-Übertragung. Einzig die kleine Lina Mai war wirklich erstaunlich. Sie konnte einzelne Buchstaben und damit ganze Wörter in Binärcodes umrechnen. Dies ist eine mathematische Leistung, der ich auf der Höheren Handelsschule im Informatikunterricht selbst mit Papier und Stift nicht gewachsen war. Und ich würde mich selbst als “Computer-Freak” bezeichnen. Und Lina machte dies im Kopf.
Am Ende der Sendung blieb ein fader Beigeschmack. In der Kürze der Zeit war es sicher nicht möglich, einen anderen Moderator als Markus Lanz zu finden. Moderatoren wie Jörg Pilawa oder Hape Kerkeling hatten sich bewusst gegen die Moderation entschieden. Kerkeling ist vor kurzem sogar komplett aus der Öffentlichkeit zurückgetreten. Beide hätte ich mir besser vorstellen können als Lanz. Cindy aus Marzahn ist dann aber der komplette Abturner. Sie ist nicht witzig, sie ist sowohl optisch als auch verbal ein totaler Fremdkörper. Für sie selbst ist das sicherlich ein verfrühter Karriere-Höhepunkt. Für mich ist es eher DER Tiefpunkt in der langen und wechselhaften Geschichte von Wetten-Dass-Moderatoren. Und wir alle erinnern uns an Jürgen Lippert.
Ob ich mit meiner Oma Ende März die nächste Sendung gucken werde, weiß ich noch nicht. Oma hat bisher alle Sendungen mit Markus Lanz gesehen und nimmt alle Änderungen hin. Dass die Sendung insgesamt nicht unterhaltsam war, kann ich trotz allem auch nicht behaupten. Sowohl Timberlake als auch Stadtwetten Moderatorin Olivia Jones waren kurze Höhepunkte. Mir fehlen allerdings vor allem 2 fähige Moderatoren, die durch eine 3stündige Sendung führen können. Lanz und Cindy kriegen dies leider nicht hin. Mein Kompromissvorschlag wäre Mirjam Weixelbraun, die auch schon Außenwetten für Gottschalk moderiert hat. Sie ist nicht nur optisch so ziemlich das beste, was uns Österreich gebracht hat. Und sie ist vor allem eine fähigere Moderatorin als Cindy!
Topp, die Watte quillt!!